Die Berichterstattungen über ein »Phänomen im Milieu der vietnamesisch-stämmigen deutschen Staatsangehörigen« in Berlin (rbb, 22.02.2024) und einen »Mr. Cash Money« (u.a. Welt, 07.03.2024) sowie ein Gesetzentwurf (Drs. 20/10792) brachten den Stein wieder ins Rollen. Bereits im Jahr 2012 deutete eine Studie des BAMF auf Regelungsbedarf hin (Missbrauch des Rechts auf Familiennachzug, Working Paper 43).
Neben der typischen Fallkonstellation (ein deutscher Mann erkennt die Vaterschaft für das Kind einer ausländischen, unverheirateten Mutter an), darf die zweite Konstellation nicht weniger geächtet werden:
»Ein ausländischer Mann ohne ein gesichertes Aufenthaltsrecht erkennt die Vaterschaft an für das Kind einer deutschen oder ausländischen Mutter: Sofern das Kind die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und die Eltern im Rahmen einer Sorgeerklärung das gemeinsame Sorgerecht haben, hat der Vater Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis.« (BAMF, aaO., 20).
Bedauerlicherweise haben wir von derartigen Fällen auch gehört. Sowohl jene, bei denen Mutter und leiblicher Vater die Vaterschaft im Einvernehmen verkauften, als auch solche, bei denen der leibliche Vater seitens der Mutter im Dunkeln gelassen wurde. In jedem Fall aber, wächst das betroffene Kind mit einer Lüge auf. Das ist zu verhindern.
Damit ein wirkungsvolles Gesetz entsteht, machen wir auf zwei Punkte aufmerksam:
Punkt 1: Zahl der kurz aufeinanderfolgenden Schwangerschaften binnen vier Jahren
Wir begrüßen, dass die Bundesregierung auch die zweite Fallkonstellation im Blick haben möchte. Jedoch bezweifeln wir aufgrund biologischer Realitäten die Wirksamkeit.
»Gleiches gilt, wenn die Mutter binnen vier Jahren vor Antragstellung bereits mehrfach die Zustimmung zur Anerkennung der Vaterschaft für verschiedene Kinder durch jeweils verschiedene drittstaatsangehörige Männer erteilt hat. „Mehrfach“ hat der Anerkennende anerkannt, wenn es sich im Zeitpunkt der Prüfung um mindestens die dritte Vaterschaftsanerkennung bzw. Zustimmung hierzu handelt.« (Drs. 20/13255, 38)
Die Idee, dass es erst bei drei Kindern von drei verschiedenen drittstaatsangehörigen Männern binnen vier Jahren auffällig werden könnte, wirkt abwegig. Ein Mehr an kurz aufeinanderfolgenden Schwangerschaften ist aufgrund biologischer Realitäten kaum möglich. Dieser Maßstab würde in der Praxis wohl kaum erreicht werden. Daher wäre die Messlatte herabzusetzen, damit das entworfene Gesetz überhaupt wirken könnte.
Punkt 2: Strafbarkeit des Erschleichens eines Aufenthaltstitels durch eine Scheinvaterschaft im Wege der notariellen Vaterschaftsanerkennung
Uns ist unbekannt, ob sich beispielsweise das Land Berlin im Rahmen der Länderbeteiligung mit vorhergehenden Entwürfen befasste und bereits geprüft wurde, ob das Erschleichen eines Aufenthaltstitels durch eine Scheinvaterschaft im Wege der notariellen Vaterschaftsanerkennung nun endlich strafbar werden würde (vgl. KG Berlin, 19.04.2023, 4 ORs 9/23). Den Freispruch und die Entscheidung des Kammergerichts erleben wir als untragbar; als zu Lasten betroffener Kinder und gegen jedes Gerechtigkeitsempfinden.
Wir bitten diese Prüfung – sofern noch nicht erfolgt – nachzuholen, das Ergebnis publik zu machen und den Gesetzentwurf gegebenenfalls entsprechend nachzuschärfen.
Schlussbemerkung
Eine unrichtige, genauso wie eine unterlassene, Vaterschaftsanerkennung enthält dem betroffenen Kind 50 % seiner Herkunft und tatsächlichen Abstammung vor. Dadurch wird sein Anspruch auf Pflege und Erziehung durch Mutter und Vater gleichermaßen, bereits ab dem ersten Tag, vereitelt. Daher können wir nicht hinnehmen, wenn die Bedürfnisse Erwachsener – sei es aus wirtschaftlichen Motiven, oder um ein Geheimnis für sich zu behalten – über die Interessen und Rechte der Kinder gestellt würden. Wir erachten das vorliegende Gesetzesvorhaben der Bundesregierung als einen, wenn auch nur kleinen und überfälligen, Baustein, um die Kinderrechte endlich besser zu wahren.
Eventuell wäre die Debatte über die reguläre Zulassung vorgeburtlicher Vaterschaftstests wiederaufzunehmen (Drs. 19/16950) und ggf. über obligatorische Tests nachzudenken, um möglichst jedem Kind ab dem ersten Tag Mutter und Vater gleichermaßen zu gewährleisten. Es existieren kryptografische Methoden, um die Abstammung datenschutzkonform abzugleichen und gleichzeitig eine Rückwärtssuche auszuschließen.
Unsere vollständige Stellungnahme finden Sie unten unter Infomaterial als PDF.
Ansprechpartner
Bundesvorstandsmitglied, Christoph Köpernick, koepernick@vafk.de, 0171 - 45 27 999
Bundesgeschäftsführer, Rüdiger Meyer-Spelbrink, meyer-spelbrink@vafk.de, 0162 - 83 99 123
Über den Verband
Der Väteraufbruch für Kinder e.V. (VAfK) ist der mitgliederstärkste, bundesweit vertretene Interessenverband für von Kindern getrennt lebende Eltern und Väteremanzipation. Er vertritt 4.000 Mitglieder in rund 100 lokalen Gesprächskreisen, Kontaktstellen und Kreisvereinen, darunter etwa 10 % Frauen.
Warum das wichtig ist
Die Menschen im VAfK verbindet, dass ihnen, ihren Kindern oder ihren Liebsten Schlimmes widerfahren ist oder widerfährt oder sie andere davor bewahren wollen. Sie stehen stellvertretend für die schätzungsweise 200.000 jährlich neu Betroffenen [Annahme: 3 Betroffene (1 Kind, 2 Angehörige) je Kontaktabbruch, vgl. Baumann et al., ZKJ 2022, 245].
Ziel des seit dem Jahr 1988 aktiven VAfK ist es, das Aufwachsen von Kindern in ihren Familien durch ein verstärktes Engagement ihrer Väter und durch kooperative Elternschaft, insbesondere nach Trennung und Scheidung, nachhaltig zu verbessern.
Der VAfK versteht sich als Verein für Kinderrechte, als Familien- und Elternverband und als Organisation, die eine fürsorgende und liebevolle Beziehung beider Eltern zu ihren Kindern stärkt sowie für die Gleichstellung von Müttern und Vätern eintritt.
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